Chronik des Kleingärtnervereins Twele e.V. Goslar

 

Gründung – 1916

 

Wie in einer alten bei Fa. Lattemann in Goslar noch in alter deutscher Schrift gedruckten Satzung nachzulesen, wurde der “ Kleingartnverein Twele e.V.“ am 11.September 1916 als “ Gartenbau Verein Twele e.V. in Goslar am Harz “ gegründet. Durch den Geschichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichtes wurde der Eintrag des Gartenbau Vereins unter der Nummer 22 in das damalige Vereinsregister in Goslar durch den Rechnungsrat Auffenberg am 6. März 1917 bescheinigt.

 

In einer Mitgliederversammlung am Montag, 13. November 1916 wurden die “ Satzungen “ von den Gründungsmitgliedern unter Vorsitz des “ Wirklichen Geheimen Rates “ ( später sprach man von “ Geheimrat “ oder “ seiner Exzellenz “ ) Adrian Twele errichtet.

 

Als Zweck des Vereins wurde festgelegt, den Mitgliedern, über Pflege und Verbesserung des zum Gartenbau benutzten Grund und Boden, sowie über Obst und Gemüseanbau, auch Baumpflege in Garten und Haus Aufklärung, Rat und Belehrung zu bieten und ihnen dabei mit tatsächlicher Unterstützung an die Hand zu gehen.

 

Zu letzterem Zwecke ist unter anderem gegebenenfalls eine gemeinsame Beschaffung von Sämereien, Pflänzlingen, künstlichem Dünger und dergleichen in Aussicht genommen. Unbedingt ausgeschlossen werden sollte von Beginn an die Verfolgung politischer, sozialpolitischer, religiöser oder kirchlicher Zwecke durch den Verein, sowie die Erörterung darauf bezüglicher Fragen von Vereins wegen. Die zeitliche Form zu jenen Gründertagen wird uns heute durch die damaligen Bestimmungen über die Mitgliedschaft bewusst. Jeder volljährige unbescholtene Einwohner Goslars konnte Mitglied werden. Bemerkenswert war jedoch der Zusatz, dass der Beitritt auch weiblichen Einwohnern gestattet sei, sofern sie alleinstehend waren.

 

10 Jahre später – 1926

 

Bereits 10 Jahre später im Herbst des Jahres 1926 umfasst der “ Gartenbauverein Twele e.V. in Goslar am Harz “ ungefähr 500 Mitglieder und 170 bewirtschaftete Gärten und überstieg damit weit den heutigen Umfang. Dank derartigen Zuwachses und reger Vereinstätigkeit konnte im mit “ Wimpeln, Fähnchen und kranztragenden Fahnenmasten “ geschmückten Prachtgelände ein groß angelegtes Jubiläumsfest gefeiert werden.

 

Es gab einen Festumzug mit “ Musikkorps “ und von der vorbereiteten Tribüne wurden in den schon damals obligatorischen Reden ein Überblick über die Entwicklung des Vereins gegeben und die enorme Bedeutung des Kleingartenwesens zu Zeiten größter Wirtschaftlicher Not (Inflation 1923 mit dem Wert von 4,2 Billionen Papiermark für 1 US-Dollar) nochmals vor Augen geführt.
Dank der sich wieder verbesserten Verhältnisse konnte dieses erste Jubiläum an dem noch die Witwe des inzwischen verstorbenen Vereinsgründers Adrian Twele teilnehmen konnte, schon mit einem Feuerwerk beendet werden.

 

Fahnenweihe am 18. Juni 1933

 

Die Fahnenweihe am 18. Juni 1933 geschah in Gedenken der Zeit des ersten Weltkrieges, als im Jahr 1916 einige Bürger der Stadt Goslar aus der herrschenden Not heraus die Kolonie gründeten, um als “ Selbstversorger “ die lebensnotwendigen Nahrungsmittel durch „Eigenprodukte “ zu ergänzen. Die Fahne des Kleingärtner – Vereins Twele wurde zu Ehren derer geweiht, die selbstlos andere mitanspornten, das zur Verfügung stehende Gelände der jetzigen Kolonie urbar zu machen und nach viel Mühen stolz auf die ersten Ertäge schauen konnten.
Personen aller Berufsgruppen vom Professor bis zum Handwerker bildeten den ersten Vorstand, der die Geschichte des Vereins so leitete , dass bereits zur Zeit der Fahnenweihe von einem gewachsenen, fest zur Satzung stehenden Gebilde weitere Impulse ausgehen konnten. Im Zeichen der Weihe der Vereinsfahne wurde das Versprechen abgenommen, der Siedlung treu zu bleiben, obwohl zu dieser Zeit nicht die Not der Gründerjahre herrschte.Nach wie vor stand das gemeinsame im Vordergrund, die praktische Hilfe untereinander und die weitergabe von Ideen jedweder Art. Wichtig war auch für die Zukunft, selbst durch eigene Arbeit Blumen und Gemüse zu ziehen, da das alleine die Naturverbundenheit auszudrücken vermochte. Mit der Vereinsfahne sollte das Weiterbestehen des Kleingärtner – Vereins dokumentiert werden, was bis zum 75 jährigen Vereinsjubiläum trefflich gelungen ist. Mögen auch die nächsten Jahre bis zum 100 jährigen Vereinsjubiläum und darüber hinaus, noch viele gute Jahre dazu kommen.

 

20, 25, 30 Jahre später – 1936, 1941, 1946

 

Aus dieser Zeit werben aus dem Vereinsgeschehen keine herausragenden besonderen Ereignisse aktenkundig und auch durch mündliche Überlieferung nichts belegt. Durch die Ereignisse der Zeit bleiben wohl auch weder Zeit noch Gelegenheit oder Interesse und Möglichkeiten, um im kleingärtnerischen Alltagsleben durch Jubiläumsfeste oder dergleichen Akzente zu setzen. In den Folgejahren nach dem 10 Jährigen Jubiläum war die Popularität des Vereins noch weiter gestiegen und erlebte einen Höhepunkt im Jahre 1933, als ein Festumzug durch Goslar veranstaltet wurde und die Damen des Vereins eine Fahne stifteten, die noch heute im Vereinsbesitz ist.

 

Durch langsame Erweiterungen der Kolonie kamen jedoch andere Pachtgelände hinzu, zu Beispiel am Kattenberg. Im Gegensatz zu diesen freudigen Entwicklungen hatten die Gartenfreunde in diesen Zeiten erstmals um ihre Kleingärten zu kämpfen, da am Kattenberg ein großer Parkplatz für die Stadthalle eingerichtet werden sollte. Doch die Kolonie überlebte auch diese schwierigen Zeiten und blieb erhalten. Nach dem Krieg war es jedoch wieder dieses Gelände am Kattenberg, das in Mitleidenschaft gezogen wurde, da hier die Berufsfachschule und später das Hallenschwimmbad gebaut wurde.

 

Dafür bekam der Verein Ersatzgelände von der Stadt in Jürgenohl. Die Nachfrage nach Schrebergärten war in diesen Nachkriegszeiten sehr groß und überstieg die Vergabemöglichkeiten. Die Bedeutung des Kleingartenwesens in dieser Zeit, in der es jedoch vor allem um die Unterbringung und Ernährung der Menschen und insbesondere der Flüchtlinge ging, wird nochmals verdeutlicht durch die Mitteilungen des Gesamtverbandes der KleingärtnerNiedersachsens e. V. vom September/Oktober 1947.

 

In denen über den weitreichenden Kündigungsschutz für Pachtverträge über kleingärtnerisch genutztes Land, die Verpflichtung der Gemeinden über ausreichende Zurverfügungstellung von Kleingartenland sowie die Bestimmung des Niedersächsischen Ministeriums für Arbeit, Aufbau und Gesundheit über die ausreichende Versorgung und den anschließenden Bestandschutz von Flüchtlingsfamilien mit sogenanntem “ Grabeland “ informiert wurde.

 

Durften am Ende des 2. Weltkrieges “ auf Befehl “ keine Blumen mehr in den Gärten stehen, so machte es nunmehr die schlechte Versorgungslage erforderlich, dass die Gartenfreunde ihre nur mit Kartoffeln, Steckrüben und Gemüse bebauten Gärten nachts bewachen mussten.

 

“ Nordtangente“ spaltet Kleingärtner-Verein Twele e.V.

 

Das Jahr 1958 brachte für den Kleingärtner-Verein Twele einschneidende Veränderungen durch die Planung einer Ortsumgehung im nördlichen Bereich zwischen Altstadt und Jürgenohl. Die Verkehrssituation am Bahnübergang Hildesheimer Straße / Bahnhof machte eine Entlastung erforderlich. Der Bundesverkehrsminister Dr. Seeboohm veröffentlichte diese Maßnahme während einer Sitzung der Industrie- und Handelskammer Braunschweig in Goslar im Gildehof.
Die Erläuterungen des Oberstadtdirektors Schneider und von Dr. Otto Fricke deuteten eine Baumaßnahme an, die katastrophale Wirkungen auf unseren Verein hatte. Hierzu gehörte die Anbindung der Bundesstraße 82 zur Bundesstraße 6 über die “ Riechenberger Spange “ der Ländereien des Gutes Riechenberg zum Opfer fielen. Offen blieb zu diesem Zeitpunkt der weitere Verlauf der “ Nordtangente „.

 

Der Vorsitzende Heinrich Sommerfeld versuchte die entscheidenden Gremien davon zu überzeugen, dass eine weiter nördlich angesiedelte Umgehung den gleichen Erfolg verzeichnen könnte und hierdurch eine Zerstückelung der geschlossenen Gartenkolonie vermieden werden könne. Doch alle Energien brachten keine Erfolge für unseren Gartenverein. Die Trasse der “ Nordtangente “ wurde durch unseren Kleingärtner-Verein gebaut. Somit war das Schicksal von 35 unseren 200 Kleingärten umfassenden Anlage besiegelt. Doch nicht nur die 35 betroffenen Kleingärten mussten aufgegeben werden, einige Gärten wurden zerstückelt und verloren nicht nur den materiellen Wert.
Umweltbezogene Schäden waren die Folgen einer stark frequentierten Kraftfahrstraße. Aber der Verein ansich musste umdenken und sich neue Wege zum Vereinshaus bauen. Somit mussten auch neue Versorgungsleitungen verlegt werden. Insgesamt umfasst unser Kleingärtner-Verein durch den Bau der Nordtangente nunmehr vier getrennte Inseln, in denen unsere Gartenfreunde nach wie vor ihren Freizeitarbeiten nachgehen. Bei der Gründung des Vereins 1916 hat sicher niemand daran gedacht, dass der Kraft-fahrzeugverkehr so stark in das Gefüge unseres Vereins eingreifen würde. Doch gerade wegen der steigenden Umweltbelastung ist es ein Bedürfnis jeden Gartenfreundes seine eigenen Erzeugnisse anbauen zu können, ohne besonders auf chemische Substanzen zurückgreifen zu müssen. Diese werden wohl hauptsächlich vermieden, wo sie doch durch den umlaufenden Verkehr ausreichen auf unser Land herabfallen.

 

Trotz allem lässt sich der Gartenfreund nicht davon abhalten, auch seine fröhlichen Stunden im Garten verleben zu können.

 

Einweihung des Vereinsheimes 1959

 

Am 30 August 1959 wurde unser heute noch bestehendes Vereinsheim von damals 350 Mitgliedern mit einem Gartenfest eingeweiht. Die recht stattliche Holzbaracke von 12 mal 35 Metern Ausmaß war schon im vorausgegangenden Jahr von der Firma Odermarkt erworben worden.
Sie stand vorher an der Rammelsberger Straße und hatte der Bekleidungsfirma Odermarkt als Lehrlingswerkstätte gedient. Unter vielen Mühen wurde sie in Eigenleistung auf dem freien Platz aufgestellt, der schon damals als Festplatz gedient hat. Im Laufe der Jahre bekam unser Vereinsheim durch das Geschick der Mitglieder immer wieder ein neues Gesicht. Der Einbau einer Sektbar, das Verlegen von Teppichboden, das Anfertigen neuer Tische und der Anbau eines großen überdachten Grills waren nur einige der liebevoll geleisteten Arbeiten, die dann nur bei Festen und Feiern voll zur Geltung kommen.

 

50 Jahre später – 1966

 

Das 50 jährige Jubiläum feierte der Verein – nun wird vom “ Kleingärtner Verein Twele “ gesprochen am Samstag, den 24.September 1966 im Neuen Schützenhaus. Der Verein umfasst jetzt 400 Mitglieder. In der Feierstunde wurde nochmals die Geschichte des Gartenvereins lebendig und seitens der Ehrengäste und offiziellen Vertreter zollte man dem Schaffen und der Betriebsamkeit der Gartenfreunde der ersten Stunde ein hohes Maß an Achtung.
Mit den sich bessernden Zeiten in den 50er Jahren begann auch die Erfolgskurve des Vereins wieder zu steigen. Die Kleingärtner schufen sich in den Zeiten zunehmender geistiger Betriebsamkeit eine Oase der Ruhe und dokumentierten mit ihrer ständigen Arbeit immer wieder die große Liebe zu den kleinen Gärten.
Gewandelt hat sich die Funktion des Gartens von einer reinen Versorgungseinrichtung zu einer Stätte, die sowohl gärtnerische Nutzung wie auch Freizeitaufenthalt für die ganze Familie erlaubte.

 

75 Jahre später – 1991

 

Das 75 jährige Bestehen des “ Kleingärtner Vereins Twele e. V. “ feiern die Gartenfreunde mit einem würdigen Ereignis entsprechenden Jubiläumsfest am 21. September 1991 inmitten der Kleingartenanlage. Nach der Trennung von dem räumlich ungünstig und zu weit entfernt liegenden Kleingartengelände in Jürgenohl besteht der Verein nunmehr aus 164 Mitgliedern.
Diese bewirtschaften ihre Gärten in dem Bereich an der Bahnstrecke in dem auch die ersten 78 Gründungsmitglieder, die sich 1916 zusammenschlossen, erstmals Gärten einzurichten. Der Wandel in der Funktion des Kleingartens ist bei einem Rundgang durch die Kolonie unübersehbar. Stand zur Zeit der Gründung eindeutig die Lösung des Ernährungsproblems im Vordergrund, so stellt der Kleingarten heute für seinen Pächter eine ganz besondere individuelle Freizeiteinrichtung dar.

 

Waren die Überlegungen zur Einrichtung von Kleingärten durch den Ausspruch des Geheimen Minesterialrates Adrian Twele “ die Arbeiter müssen was zu essen haben “ und die Bezeichnung “ Steckrübenwinter“ durch den Volksmund für eine Zeit, in der es täglich kaum etwas anderes als Steckrüben gab, geprägt, so dienen die Kleingärten heute dem Ausgleich, der Entspannung und Erholung.
Die Zwecke sind hier doch weitgreifender und vielfältiger als im Satzungstext von 1916 festgelegt.
In den vergangenen 25 Jahren seit dem 50 jährigen Jubiläum wurde das Kleingartenwesen von unterschiedlichen Trends erfasst. Mit steigendem Einkommen und zunehmender Mobilität durch die Ausstattung mit PKW wurden andere entferntere Ziele interessanter und andere Hobbys gewannen an Bedeutung. Die Nachfrage nach Kleingärten stagnierte und Kleingärtnern schien nur etwas für Rentner und Pensionäre zu sein.

 

Diese Entwicklung hat sich seit geraumer Zeit wieder umgekehrt. Im Zuge des erwachten Umweltbewusstsein und des Erkennens der vielfachen Belastungen der Natur und der sich daraus ergebenden Folgen steht kleingärtnerische Betätigung quer durch alle Gruppen und Schichten wieder hoch im Kurs.
Möge diese Entwicklung dazu beitragen, allen Menschen den Wert einer pflegenden Betätigung in der Natur bewusst zu machen.

 

88 Jahre später – 2004

 

Seit der 75 Jahr Feier gab es weniger spektakuläre Ereignisse . Im Jahr 1989 wurde die Grenze geöffnet . Durch eine verpasste Abfahrt der Gartenfreunde „Teifel“ begann eine interessante Verbindung mit den Mitgliedern der Gartenvereine „Harzblick in Wenigerode! und unserer Gartenkolonie.

 

Ferner haben wir den Verlust von drei Gartenlauben zu verzeichnen, die alle den Flammen zum Opfer fielen. Es blieb Gott sei Dank immer beim Sachschaden.

 

Die Nachfrage nach Kleingärten steht weiterhin hoch im Kurs. Da die Mitglieder meist jünger sind, zieht auch die Technik in den Kleingärten ein.
Solaranlagen Stromerzeuger Handys und Satellitenanlagen gehören heute zum Alltag des Kleingärtners. Selbst manche Vogelarten imitieren schon Handyklingeln.

 

Den letzten Schrei sah ich letztens in unserer Kolonie. Es war ein Klingelknopf an der Gartentür zu einer Funkklingel.

 

100 Jahre später – 2016

 

Das 100 jähriges Bestehen des “ Kleingärtner Vereins Twele e. V. “